Veranstaltet von der Kozybayev Universität Petropawlowsk & LOGO e.V. Deutschland, 26. bis 29. September 2022. Material zur Konferenz unten.
An der Konferenz nahmen Mitarbeitende des Vereins LOGO e.V. (Deutschland), ein Vertreter des Kasachischen Verbands der ökologischen Landbaubewegungen (KAZFOAM), Vertreter in- und ausländischer Universitäten, wissenschaftliche Einrichtungen, Landwirte und Unternehmen, die ökologische Produkte vertreiben, und Studierende und Hochschullehrende der Kozybayev Universität teil.
Der Markt für Bio-Lebensmittel in Kasachstan und sein Wachstumspotential ist momentan vor allem auf die EU, Russland und auch China ausgerichtet. Dies hob Zhanat Toksanbayev, stellvertretender Leiter der Abteilung für Landwirtschaft und Bodenmarkt des Akimats von Nordkasachstan, in seiner Begrüßungsrede hervor. Der gegenwärtige politische Kurs zielt darauf ab, ein globaler Player im Bereich cleaner Lebensmittelproduktion zu werden und auch einen nationalen wettbewerbsfähigen Markt zu schaffen.
Evgeniy Klimov, Vorsitzender des kasachischen Verbandes der ökologischen Landbaubewegungen (KAZFOAM), zeigte in seinem Vortrag „Politik und Gesetzgebung im Bereich der ökologischen Landwirtschaft“ auf, dass im Jahr 2021 Bio-Produkte im Wert von mindestens 32 Millionen US-Dollar exportiert wurden. Allerdings sind die Statistiken über den Ökolandbau nicht immer vollständig. Herr Klimov gab einen Überblick über die Lage des Ökolandbaus in Kasachstan und stellte wichtige Gesetze, Dokumente und Konzepte für die Entwicklung des Agrarsektors im Bereich Ökolandbau vor. Insbesondere soll ein „Projektbüro“ zur Förderung des Ökolandbaus entstehen, um die Landwirte in allen Fragen ökologischer Erzeugung zu beraten. Zur Zeit wird das Gesetz für Bio-Produkte überarbeitet, wodurch internationale und regionale Bestimmungen und Normen harmonisiert werden können. Im übrigen wird darauf hingewiesen, dass es im Landschaftsministerium keine Abteilung für Ökolandbau gibt.
Herr Klimov stellte auch kurz die Entwicklung des Ökolandbaus in Kasachstan dar, die Anfang der 2000er Jahre mit ersten im Ausland zertifizierten Bio-Betriebe begann. Mittlerweile lässt sich aber schon eine Entwicklung von Online-Shops mit Bio-Lebensmitteln in Kasachstan beobachten, und die ersten Bio-Läden in den beiden größten Städten des Landes etablieren sich. Die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln und das damit verbundene Bewusstsein für Umwelt und Gesundheit steigt auch in Kasachstan.
Der Beitrag von Bauyrzhan Akhmetov von der GmbH Qazaq Bio Control, der ersten und einzigen nationalen Zertifizierungsorganisation, ging auf die Voraussetzungen und Standards für eine „Öko-Zertifizierung in Kasachstan“ ein. In Kasachstan ist „Öko“ kein geschützter Begriff, jedenfalls wird der Schutz nicht durchgesetzt, weswegen ein allgemein bekanntes Siegel zur Qualitätssichtbarmachung umso wichtiger ist. Auf welchen Definitionen und Vorschriften die Zertifizierung basiert, listete sein Kollege Urazayevich detailliert in seinem Vortrag auf und ging auf die praktischen Voraussetzungen und benötigte Dokumentation ein, an denen es in der Praxis oft scheitert. Ein Labor in Kasachstan zur Kontrolle von Bio-Produkten gibt es jedenfalls noch nicht, weshalb diese im Ausland vorgenommen wird. Weiter stellte er die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Biodiversität und natürlichen Kreisläufen dar, bezog sich aber auch auf den kulturellen und sozialen Wert der ökologischen Landwirtschaft.
Diese systemische Einordnung der Landwirtschaft passte sehr gut zur Präsentation von Ronja Braitsch und Annelie Plachetka. Sie thematisierten Biosphärenreservate als Modellregionen für eine nachhaltige regionale Entwicklung in der Landwirtschaft. Am Beispiel des Almaty Biosphärenreservats im Südosten Kasachstans legten sie vorläufige Ergebnisse vor, wie sich die Entwicklungszone des Biosphärenreservats und die bäuerliche Bevölkerung gegenseitig in Bezug auf die sozio-ökonomische und sozio-ökologische Entwicklung der Region bereichern könnten, unter welchen Bedingungen das geschehen könnte und wie der Status Quo im Fall des sehr jungen Almaty Biosphärenreservats aussieht.
Das Unternehmensmodell der „Solidarischen Landwirtschaft“, das aus der Nähe zur lokalen Bevölkerung für Finanzierungssicherheit, Gemeinschaftsbildung und kurze Lieferwege sorgt, wurde von Andrey Lysenko vorgestellt, der eine eigene Solidarische Landwirtschaft nördlich von Moskau betreibt und sich in Kasachstan in Kooperation mit NASEC, dem nationalen agrarwissenschaftlichen und -pädagogischen Zentrum, ein Bild über das Potential von Solidarischen Landwirtschaftsgemeinschaften verschafft und Schulungen zum Aufbau lokaler Kompetenzen im Ökolandbau anbieten will. Auch dieser Beitrag hat gezeigt, dass sich gerade viel in Kasachstan zu den Themen Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, dem nationalen Markt für Bio-Produkte und regionalen Lieferketten tut und jetzt der Zeitpunkt ist, wichtige Grundsteine in Richtung Nachhaltigkeit zu legen.
Weitere Beiträge, die sich auf den kasachischen Kontext bezogen, handelten hauptsächlich von organischen Düngemitteln und Biopräparaten. Evgeniy Klimov stellte sein Enzympräparat AGROFLORIN vor, das die natürlichen Mikroorganismen im ausgezehrten Boden wieder herstellen und den Humusgehalt im Boden erhöhen kann.
Die Larve der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) wird von Raimbek Iskendirov über das Unternehmen „Max Former“ vertrieben. Eingebettet in die Darstellung des Modells der Kreislaufwirtschaft, stellte Iskendirov dar, dass die Larve den Kompostierungsprozess von Biomüll beschleunigt, durch den entstandenen Kompost zur Optimierung der Bodenfruchtbarkeit beiträgt und nebenher als hochwertiges Futter für Fische dient
Aizhan Chadinova, Leiterin des Labors für biologische Schädlingsbekämpfung am wissenschaftlichen Institut für Pflanzenschutz und Quarantäne KazNIIZiKR, stellte ihre Arbeit in der Zucht von Entomophagen gegen Schädlinge von Gemüsekulturen, wie den Roten Baumwollkapselwurm (Pectinophora gossypiella), die Gemeine Florfliege (Chrysoperla carnea), die Melonenblattlaus (Aphis gossypii), die Tomatenminiermotte (Tuta absoluta), die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae) und die Weiße Fliege (Trialeurodes vaporariorum) vor.
Denis Ten von „Ecofermer Kasachstan“ referierte über die Kompostierung des Roten Kalifornischen Wurms (Eisenia foetida) mit der man degradierte Böden regenerieren kann, um so der immensen Bodenerosion im Südosten Kasachstans entgegenzuwirken. Herr Ten stellte zusätzlich seine Projekte in den Bereichen Aquaponik, Passivgewächshäuser und Biogasanlagen vor.
Der mikrobiologische Dünger aus dem Bakterium Bacillus subtilis wird von der NGO BISOLBI.KZ unter dem Namen EXTRASOL vertrieben. Der Referent Dmitry Zelenichenko hob vor allem hervor, dass das Bakterium die Mikroflora des Bodens aktiviert, die Pflanzenimmunität gegen bakterielle und pathogene Infektionen erhöht und den Zugang zu Nährstoffen der Wurzeln stimuliert.
Am letzten Tag der Konferenz wurde das Boden-Labor „Agro-Lab“ und der Milchverarbeitungsbetrieb „Eurasian Milk GmbH“ (Leiter Andrei Gritsenko) besichtigt. Der Milchverarbeitungsbetrieb von Eurasian Milk GmbH wurde Ende 2020 in Betrieb genommen. Der Betrieb arbeitet mit Maschinen aus dem deutschsprachigen Raum für Transport und Verarbeitung, Butterproduktion, Käseherstellung. Mozzarella wird mit einer italienischen Maschine hergestellt. Der Betrieb verarbeitet jährlich 50.000 Tonnen Frischmilch. Die Milch wird vor allem von Großbetrieben in der Region bezogen. Der Milchpreis liegt bei 150 Tenge/Liter, ca. 30 Euro-Cent.
Anbei die Präsentation von Frau Plachetka und Frau Braitsch und weiteren Vortragenden.